DIE MÜHLEN-SANGHA ONLINE – ZEN ON ZOOM
Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Martin Buber
Seit mehr als zweitausend Jahren üben ziemlich viele Menschen an vielen Orten der Welt mehr oder weniger zeitgleich Zazen. Ob sie morgens vom Bett aufs Kissen fallen oder die Wirrnisse des Tages mit der Meditation am Abend befrieden oder beides: alle eint das Sitzen in Stille.
Wer das Glück hat, zeitweise oder überhaupt in einem Kloster oder Zen-Zentrum zu praktizieren, kommt Tag für Tag in den Genuss des gemeinsamen Sitzens – die eigene Übung wird zur Übung der Sangha – nicht umsonst bildet die Sangha eines der drei Juwelen. Da sich die Kostbarkeiten wechselseitig durchdringen, verwirklichen wir Buddha und Dharma, indem wir Sangha leben.
Die meisten von uns üben allein – jedenfalls scheinbar. Denn natürlich verbinden wir uns mit allen und allem mit jedem einzelnen Atemzug. Insbesondere verbinden wir uns allein durch die Form, die wir üben, mit denen, die dies auf dieselbe Weise tun; jede Sangha (und alle zusammen) bilden, um eine Formulierung aus der Entwicklungsbiologie zu nutzen, ein morphisches Feld, das die Welt verändert.
Sangha online: Klösterlich virtuell
Die Pandemie hat neben vielen unangenehmen Begleiterscheinungen dazu beigetragen, dass wir selbstverständlich online miteinander kommunizieren. Kaum jemand, der oder die nicht mit den technischen Anforderungen eines Zoom-Calls vertraut ist.
So wurde wie per Zauberhand möglich, dass wir Lai*innen am Morgen beinahe monastisch meditieren können – wir zünden Kerzen auf unseren Altären an, zupfen den Schlaf aus den Haaren, setzen uns aufs Kissen und schalten uns zum Beispiel ins Mühlen-Zoom ein – und sind hör- und sichtbar miteinander verbunden.
Nachdem ich im ersten Pandemie-Jahr einige Sesshins und sogar ein Rohatsu online gemacht hatte und auch beruflich fast täglich vor den Kacheln sitze, war ich, wie viele, ziemlich online-müde. Ich weiß gar nicht, wie es konkret geschah, dass ich kürzlich beim virtuellen Zazen der Mühlen-Sangha in der Altbäckersmühle landete – tatsächlich war dieser Zufall aber ein ausgesprochenes Glück.
Mühlen-Zoom: Ein Geschenk
Seit zwei Wochen sitze ich fast täglich mit Menschen, von denen ich zwei Dinge sicher weiß: die Beteiligten üben in der Früh Zazen und sind wie auch immer mit der Mühlen-Sangha verbunden. Da wir nicht miteinander sprechen, weiß ich darüber nichts Konkretes; und das spielt keine Rolle. Beim Online-Gehen sehe ich die verschiedensten Sitzplätze und Ausleuchtungen, sehe schwarze T-Shirts oder gestreifte Pullover, freue mich an angezündeten Kerzen vor oder neben den unterschiedlichsten Buddha-Figuren. Ich sehe Menschen, die sich freuen, wenn mein Video angeht und wir uns mit einem Gassho begrüßen, ich sehe in freundliche Gesichter. Und nach den wenigen Malen sind sie mir jetzt schon so vertraut, wie es nur gehen kann, wenn wir gemeinsam etwas tun, das uns nährt, weil es auch über uns hinausgeht.
Punkt 7 Uhr drehen wir uns zur Wand – und genau wie im Dojo weiß ich um die gemeinsame Bemühung, spüre die unterstützende Kraft des Zazen. Genieße die Sangha. Inter-Sein.
Ich bin dankbar, dass immer ein Mensch ein freundliches Guten Morgen in die Runde gibt, bevor das technisch verzerrte Geschepper der Klangschale aus dem Lautsprecher tönt. Scheppernd endet unser Zazen auch, wir drehen uns zueinander, sitzen im Gassho und singen gemeinsam das Buddham Saranam – dabei hören wir nur den virtuell aktiven Zoom-Doan, aber wir sehen uns inniglich Singen. Manchmal gibt es dann noch ein Zitat für den Tag, eine Inspiration, immer gute Wünsche.
Ja, wir verbinden uns auch ohne Zoom bei jedem Sitzen – wir sind ja nie anders als verbunden…und doch wissen wir alle, wie kostbar es ist, diese Erfahrung auch körperlich zu teilen – so verrückt das klingt, aber das virtuelle Sitzen verändert mein Zazen, auch körperlich. Ich bin etwas weniger routiniert als allein, also ausgerichteter, gesammelter, sitze klarer, mit mehr rechter Spannung in jeder Zelle.
Vielen Dank an die, die dort Tag für Tag den Raum schaffen und halten – vielen Dank für eure freundliche, verbindliche und selbstverständliche Art, den virtuellen Dojo zu ermöglichen. Neben dem Angebot um 07.00 Uhr, findet übrigens zwei Stunden später noch ein weiteres Zazen Angebot online statt. Wie gut, dass ein solches Angebot mit Dana beantwortet werden kann – ganz so, wie es die jeweilige Großzügigkeit und Möglichkeit zulässt.
Und du?
Magst du den monastisch-virtuellen Raum vielleicht auch mit uns teilen?
Gerne binde ich mich auf diese Weise im Gemeinsamen Großen Feld an auch wenn ich es nicht täglich schaffen werde. Wenn das auch ok ist bin ich dabei.
Du bist willkommen, wann immer du es dir einrichten kannst!